The Little Faun of Grohmannstraße: A Reverie on Bronze and Memory in Pirna
Author - Brian Hawkeswood. Nach unten scrollen für die deutsche Übersetzung.
It was on a late summer afternoon, under a drowsy sky threaded with swaying poplars, that I found myself once more walking the grooved and noble stones of Pirna’s old town—stones that seemed to whisper the faded footsteps of time. The hour had turned languid, and the air wore the perfume of lime blossoms and sun-warmed sandstone. But it was not the view of the Elbe, nor the steep red roofs climbing the hillside like scattered playing cards, that arrested me. It was something smaller—nearly hidden, and yet singular: a child-sized bronze figure resting near the city’s ramparts, that border of stone which still defines the edges of the old quarter like the hem of a forgotten coat.
There, near Grohmannstraße, where the promenade brushes the ancient wall like a lover’s hand returning after absence, I saw him: a little faun, frozen in play. His form—no taller than a child of two—gleamed with the dark green patina that only time and rain can bestow upon bronze. There was a mischief in his posture, a lightness that belied the material from which he was forged. One hoof was lifted, as if he might spring away at any moment, back into myth, into the hills of Arcadia, into some place the modern world has long since misplaced.
He is not announced with signage or fanfare. One must notice him the way one notices a memory—by accident, and yet with the strange sense that it had been waiting for one all along.
I later learned that he was born in 1913, during the final murmurs of an age that did not yet know the depth of its approaching catastrophes. Commissioned by the local Beautification Association—a society of citizens still enchanted by the old German Romantic idea that beauty and civic pride were not opposites but companions—the faun was installed along the promenade in the years before the First World War. In this, he belongs to that melancholy class of art born on the cusp of loss: the bronze innocence before the bronze helmets, the smile of Dionysus before the scream of history.
He is officially called the Kleiner Faun—the Little Faun—a name that diminishes neither his presence nor his symbolism. For in a town so marked by baroque façades and Gothic spires, this small, pagan creature offers something else: a flicker of the playful, the pre-Christian, the earthy. He reminds us that cities, too, have dreams—not only in cathedrals and monuments, but in the subtle gestures of small statues placed lovingly where one might not expect them.
I imagine the men who chose him, those good citizens of Pirna in 1913, thumbing through catalogues of garden statuary and allegorical bronzes. Why a faun? Perhaps it was a desire to invoke joy in the midst of civic order; to plant a little disorder, a little wildness, in the stone symmetry of the town. Perhaps they wished to remind themselves that beneath every city lies a forest, beneath every law, a song.
"Faun and goat", Ludwig Knaus (c. 1868).(A curious likeness).
It is difficult not to read into him the irony of history. Within a year of his arrival, Europe collapsed into war. The bronze that gave him shape was being melted elsewhere into bullets and shell casings. Yet he endured. He did not run, as fauns are said to do. He stood his ground, this gentle creature of myth, and watched the twentieth century unspool.
And now, he watches me.
He has seen generations of children press their hands to his legs, lovers kiss near his plinth, old men pause to adjust their hats. He has seen the seasons pass like long sighs—the snow in his hair, the rain tracing green tears down his cheek. He has not grown older, though the town around him has. He is time’s witness, not its victim.
What does it mean to place such a being at the entrance to the old town? It is as if Pirna, in a gesture of rare modesty, offers a childlike laugh to those arriving: Here, it says, is a town that still remembers delight.
The Kleiner Faun is not a great monument. He does not tower. He does not command. But his voice—silent and bronze—echoes the deepest kind of memory: that of joy half-remembered, mischief half-forgiven, and the delicate seriousness of play. He is what every town needs but seldom dares to keep—a small god of small things, a reminder that beauty, to endure, need not shout.
And so I return to him, not as one visits a museum piece, but as one might visit an old friend whose gaze, though frozen, somehow understands. In his stillness, he invites us to move more gently through the world. In his silence, he teaches us to listen again for the music of stone and bronze and time.
Der kleine Faun von der Grohmannstraße: Eine Erinnerung in Bronze und Zeit
Es war an einem spätsommerlichen Nachmittag, unter einem schläfrigen Himmel, in den sich die Wipfel der Pappeln wie flüssige Tinte zogen, als ich mich wieder einmal auf den alten, von Jahrhunderten geglätteten Pflastersteinen von Pirnas Altstadt wiederfand – Steine, die das leise Flüstern vergangener Schritte in sich trugen. Die Stunde war träge geworden, und die Luft war durchzogen vom Duft der Lindenblüten und der sonnengewärmten Sandsteinmauern. Doch es war nicht der Blick auf die Elbe, nicht das Spiel der roten Dächer am Hang, die wie vergessene Spielkarten verstreut dalagen, was mich aufhielt. Es war etwas Kleineres – beinahe Verborgenes und doch Unverwechselbares: eine kindsgroße Bronzefigur, die am Rande der alten Stadtmauer stand, dort, wo die Zeit nicht mehr eilt, sondern innehält.
Dort, an der Grohmannstraße, wo die Promenade zärtlich die mittelalterlichen Mauern berührt wie die Hand eines Liebenden nach langer Trennung, sah ich ihn: einen kleinen Faun, im Spiel erstarrt. Seine Gestalt – kaum größer als ein Kind von fünf Jahren – schimmerte in jenem dunklen Grün, das nur Regen, Wind und ein Jahrhundert schenken können. Etwas Spitzbübisches lag in seiner Haltung, eine Leichtigkeit, die im Gegensatz zum Gewicht des Metalls stand, aus dem er gemacht war. Ein Huf war erhoben, als könne er jeden Augenblick aufspringen, zurück in den Mythos, zurück in die Hügel Arkadiens, zurück in eine Welt, die der moderne Mensch längst verloren hat.
Er wird nicht angekündigt durch Schilder oder Tafeln. Man muss ihn entdecken wie eine Erinnerung – zufällig, und doch mit dem Gefühl, dass er die ganze Zeit auf einen gewartet hat.
Später erfuhr ich, dass er im Jahr 1913 entstand, in den letzten Atemzügen einer Epoche, die noch nichts von ihrem bevorstehenden Untergang ahnte. Gestiftet vom Pirnaer Verschönerungsverein – einem Kreis von Bürgern, die noch an die romantische Vorstellung glaubten, dass Schönheit und Bürgersinn keine Gegensätze, sondern Gefährten sind – wurde der Faun entlang der Promenade aufgestellt, kurz bevor der Erste Weltkrieg Europa erschütterte. Er gehört damit zu jener melancholischen Gattung von Kunstwerken, die an der Schwelle zum Verlust geboren wurden: jene bronzene Unschuld, die dem bronzenen Helm vorausging, das Lächeln des Dionysos vor dem Schrei der Geschichte.
Offiziell trägt er den Namen Kleiner Faun – ein Titel, der weder seine Präsenz noch seine Bedeutung schmälert. Denn in einer Stadt, die so geprägt ist von barocken Fassaden und gotischen Türmen, bietet dieses heidnische, schelmische Wesen etwas anderes: ein Aufleuchten des Spielerischen, des Vormodernen, des Irdischen. Er erinnert uns daran, dass Städte nicht nur aus Verwaltung und Geschichte bestehen, sondern auch aus Träumen – nicht nur in Kathedralen und Denkmälern, sondern in den zarten Gesten kleiner Statuen, die mit Liebe an unerwartete Orte gesetzt wurden.
Ich stelle mir vor, wie jene Männer des Jahres 1913 – gebildete Bürger mit Gespür für Form und Sinn – durch Kataloge mit Gartenplastiken blätterten. Warum ein Faun? Vielleicht war es der Wunsch, Freude inmitten der städtischen Ordnung heraufzubeschwören; ein bisschen Unordnung, ein bisschen Wildheit in der steinernen Symmetrie der Stadt zu säen. Vielleicht wollten sie sich selbst daran erinnern, dass unter jeder Stadt ein Wald liegt, unter jedem Gesetz ein Lied.
Man kann es kaum vermeiden, in ihn die Ironie der Geschichte hineinzuinterpretieren. Nur ein Jahr nach seiner Aufstellung stürzte Europa in den Krieg. Das gleiche Metall, das ihn formte, wurde anderswo eingeschmolzen – zu Patronen, zu Granaten. Doch er blieb. Er floh nicht, wie es die Faune in den Sagen oft tun. Er stand da – dieser sanfte Mythos –, unbewegt, und sah dem zwanzigsten Jahrhundert beim Vergehen zu.
Und nun sieht er mich.
Er hat Generationen von Kindern gesehen, die ihre Hände an seine bronzenen Beine legten, Liebespaare, die sich nahe seinem Sockel küssten, alte Männer, die stehenblieben, um ihre Hüte zu richten. Er hat die Jahreszeiten vorbeiziehen sehen wie lange Atemzüge – Schnee in seinem Haar, Regen wie grüne Tränen auf seiner Wange. Er ist nicht älter geworden, doch die Stadt um ihn ist es. Er ist Zeuge der Zeit, nicht ihr Opfer.
Was bedeutet es, ein solches Wesen am Eingang der Altstadt zu platzieren? Es ist, als reiche Pirna dem Ankommenden in seltener Bescheidenheit ein kindliches Lächeln dar: „Hier“, sagt es, „ist eine Stadt, die das Staunen nicht vergessen hat.“
Der Kleine Faun ist kein großes Denkmal. Er erhebt sich nicht in den Himmel. Er gebietet nicht. Aber seine Stimme – stumm und bronzen – klingt nach in der tiefsten Schicht der Erinnerung: der an halbvergessene Freude, an halbvergebenen Schalk, und an die ernste Leichtigkeit des Spiels. Er ist, was jede Stadt braucht, aber kaum zu bewahren wagt – ein kleiner Gott der kleinen Dinge, ein stiller Wächter der Schönheit, die nicht laut sein muss, um zu bleiben.
Und so kehre ich zu ihm zurück, nicht wie man ein Museumsstück betrachtet, sondern wie man einen alten Freund besucht, dessen Blick, obgleich versteinert, doch alles versteht. In seiner Regungslosigkeit lädt er uns ein, sanfter durch die Welt zu gehen. In seinem Schweigen lehrt er uns, wieder zu lauschen – auf das Lied der Steine, des Metalls, der Zeit.
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